Anlagebedingter Haarausfall, Prostatakrebs und Finasterid
17. Juni 2002 - Dr. Jens Meyer
In der Juni-Ausgabe 2002 berichtete das Fachmagazin "Cancer Epidemiology Biomarkers & Prevention" über die Ergebnisse einer großangelegten Untersuchung zur Aufdeckung möglicher Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von anlagebedingtem Haarausfall (Alopecia androgenetica) und Prostatakrebs (Giles et al.: Androgenetic Alopecia and Prostate Cancer: Findings from an Australian Case-Control Study. Cancer Epidemiol. Biomarkers Prev., Jun 2002; 11: 549 - 553). Nach Auswertung der Daten von ca. 1400 Männern und ebenso vielen Kontrollpersonen kam eine Gruppe australischer Wissenschaftler zu dem Ergebniss, dass der anlagebedingte Haarausfall mit Haarlichtung im oberen Hinterkopfbereich (Vertex) mit einer etwas erhöhten Rate an Prostatakrebserkrankungen assoziiert sein könnte. Zwischen der Alopecia androgenetica mit frontalem Ausfallsmuster (Stirn, Geheimratsecken) bzw. Haarausfall im Frontal- und Vertexbereich konnte hingegen kein Zusammenhang gefunden werden. Die Autoren dieser "Fall-Kontroll-Studie" schlossen aus den gesammelten Daten, dass die Alopecia androgenetica und der Prostatakrebs in der Entstehung zum Teil gleichartige, durch Androgene (männliche Geschlechtshormone) gesteuerte Entwicklungswege durchlaufen könnten. Die beobachteten Zusammenhänge müssten nun in weiterführenden Untersuchungen näher durchleuchtet werden.
Zum Themenkomplex Prostatakrebs und anlagebedingter Haarausfall wurde im Expertenrat vor kurzem die Frage gestellt, ob die Erkennung von Prostatakrebs durch die Einnahme von Finasterid (Handelspräparat Propecia) erschwert werden könnte. Dr. Kunte nahm hierzu wie folgt Stellung:
"Finasterid 1 mg (Propecia) ist zur Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls des Mannes zugelassen. In einer 5fach höheren Dosierung wird Finasterid (5 mg) auch erfolgreich zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung bei älteren Männern eingesetzt. Bei Einnahme von Propecia kann sich der Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA - ein Tumormarker für Prostatakrebs) um 40 % reduzieren. Bei einem Prostatakrebs ist ein deutliches Ansteigen des PSA-Wertes zu erwarten. Im Rahmen zahlloser klinischer Studien und der Anwendung von Finasterid über mehr als zehn Jahre bei Millionen von Männern hat sich kein Verdacht für die Auslösung von Prostatakrebs durch Finasterid ergeben. Vielmehr wird in den USA seit etwa 4 Jahren eine Studie an etwa 20.000 Männern durchgeführt, die teils Finasterid in einer 5 mg Dosis einnehmen. Untersucht wird, ob Finasterid in der Lage ist, das Auftreten von Prostatakrebs zu verhindern. Mit Ergebnissen wird in den nächsten 3-4 Jahren zu rechnen sein."
Zur Problematik der PSA-Bestimmung hatte Prof. Wolff geschrieben:
"Da Propecia das Prostata-spezifische Antigen (PSA) um maximal 50% senkt, wird einfach der gemessene Wert verdoppelt und dann genau so interpretiert wie bei Männern, die kein Propecia einnehmen."
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